Von Lissabon nach Santiago de Compostela
Tagebucheintrag 12. Juni 2007
Letzte Etappe! Letzter Tag. 41 Km. Wieder wache ich sehr früh auf. Laufe im Dunkeln los. Mit Mühe und etwas Glück finde ich den richtigen Weg. Es ist schon ein bisschen beklemmend, seine Umgebung nicht sehen zu können. Ich denke über die Angst vor dem Unbekanntem nach. Morgens gibt es wieder eine wundervolle Strecke auf steiler Höhe. Danach wird es wieder flacher, bleibt aber größtenteils sehr schön.
Ein Fátima-Pilger läuft an mir vorbei. Wirkt etwas gestresst und überhaupt nicht gesprächig.
Auf den letzten 5 Kilometern, fängt mein Knie plötzlich an, weh zu tun. Der Schmerz wird immer schneidender. In Santiago angekommen, will es auf dem letzten Stück einfach nicht mehr. Bin gezwungen, ab und zu kurz anzuhalten. Gut, dass ich meinen Stock dabei habe. Ich muss lachen. Meine Ankunft ist so dramatisch! Richtig humpelnd und auf meinen Stock gestützt komme ich an der Kathedrale an. Ich humple die große Treppe hoch. Was für ein Pilgerauftritt!
Es ist überwältigend, angekommen zu sein. Glück, Zufriedenheit aber auch Erschöpfung, Traurigkeit und eine gewisse Leere und Angst übermannen mich. Irgendwie ging alles zu schnell. Am liebsten möchte ich weiterlaufen nach Finisterre. Ich kenne es schon. Wie gerne möchte ich aber jetzt dorthin laufen (3 bis 4 Tage).
Meine Schuhe haben gut gehalten. Ein drittes Mal werde ich sie jedoch nicht mehr brauchen. Die Sohlen sind endgültig zu dünn geworden. Nachdem ich in der Kirche war, gehe ich ins Pilgerbüro, um die Compostela zu bekommen. Ich muss nicht lange anstehen. Gründlich wird die Strecke überprüft. Man ist etwas angespannt. Die Anspannung lässt erst nach, wenn man endlich das hübsch dekorierte, gelbliche Din-A4 Blatt in Händen hält. Darauf steht mein Name auf Latein. Das Gefühl für dieses Papier lässt sich vergleichen mit dem nach einer bestandenen Examensprobe.
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