Buchtipps des Monats Dezember 2014

Von Peter Koj

Ein kleines Sortiment für den weihnachtlichen Gabentisch

Weihnachten naht, und damit rückt die Frage der Weihnachtsgeschenke näher. Für viele gehört ein Buch, und zwar ein echtes zum Blättern und Schmökern, nach wie vor zu den Favoriten. Und für unsere luso-hanseatische Leserschaft vorzugsweise Bücher aus dem portugiesischsprachigen Raum. Hier nun ein kleines Sortiment aus der Fülle der Neuerscheinungen auf diesem Sektor.

Fangen wir ganz klein an, nämlich mit zwei Reclam-Bändchen, die beide bereits im letzten Jahr erschienen sind. Da ist zuerst der Reclam Städteführer Lissabon von Rioletta Sabo , 15 x 9,7 cm groß, 130 Gramm leicht – ideal also für den Lissabon-Reisenden, ihn in die Jackentasche zu stecken und sich vor Ort kundig zu machen. Denn das liefert ihm dieser Führer reichlich: sachkundige, fundierte Information über Lissabons Architektur und Kunst. Dazu Vorschläge für Rundgänge und einen Kulturkalender.

 

Dasselbe Format hat Winfried Kreutzers Geschichte Portugals , erschienen in der Reihe Reclam Sachbuch . Auch hier bekommen wir wieder auf engem Raum (250 Seiten) profundes Wissen. Winfried Kreutzer steht mit seiner Darstellung der portugiesischen Geschichte auf dem neusten Stand der Forschung (im Anhang findet sich eine ausgiebige Bibliographie mit Schriften neueren Datums zu diesem Thema).

Wem dieses Bändchen als Geschenk zu wenig hermacht, kann zu dem viel opulenter gestalteten, bei Kohlhammer erschienenen Werk Geschichte Portugals von Walther L. Bernecker und Klaus Herbers greifen. Hier herrscht dieselbe Sachkenntnis wie bei dem Reclam-Bändchen, schließlich handelt es sich bei den Autoren um gestandene Professoren der Universität Erlangen-Nürnberg. Mich persönlich stört es jedoch, dass nach Art älterer Lehrwerke die portugiesischen Könige deutsche Namen bekommen, z. B. „Johann“ statt „João“. Auf der Dynastie-Tafel am Ende des Buches wird der portugiesische Name immerhin in Klammern hinzugefügt, eine „Ehre“, die den Infanten allerdings nicht widerfährt.

 

Wenn wir zur erzählenden Literatur kommen, können wir neben den im Laufe des Jahres bereits auf unserer Homepage vorgestellten Romanen noch zwei weitere empfehlen, die uns kurz vor Redaktionsschluss erreichten. Beide sind von der erfahrenen Übersetzerin Marianne Gareis ins Deutsche übersetzt worden. Der erste, Unwirkliche Bewohner von Paulo Scott , schildert auf eindringliche Weise die Probleme, die aus einer Liebesbeziehung zwischen einem jungen Brasilianer aus Porto Alegre und einem Guaraní-Mädchen resultieren. Das Buch hat bei seinem Erscheinen 2011 wegen seiner Brisanz große Aufmerksamkeit erregt und erhielt 2012 den Preis der Brasilianischen Nationalbibliothek für den besten Roman des Jahres. Den Autor des zweiten Romans Joseph Walsers Maschine kennen wir schon von seinem Roman Die Versehrten , den wir im Juli 2012 auf unserer Homepage vorgestellt haben (nachgedruckt in der Literaturbeilage der Portugal-Post 52 ). Es ist der 1970 in Luanda/Angola geborene Gonçalo M. Tavares , der seit seinem Debüt 2001 als einer der innovativsten und wichtigsten Schriftsteller Portugals gilt. Auch hier tragen die Hauptfiguren wieder deutsche oder deutschklingende Namen. Eine Hommage an Franz Kafka, der auch hier wieder stilbildend wirkt? Die Figur Joseph Walser erinnerte mich gleichzeitig an die Charlie Chaplins in seinem Film Modern Times (hie Mensch hie Maschine). Auf jeden Fall – ähnlich wie in Die Versehrten – wieder eine Herausforderung an die Aufnahmebereitschaft des Lesers.

 

Nun zu drei Publikationen zum Thema Tourismus. Da ist zuerst das neue Dumont Reise-Taschenbuch Lissabon von Jürgen Strohmaier . Der Autor lebt seit über 20 Jahren in Lissabon, einer Stadt, von der er nach wie vor begeistert ist. Diese Begeisterung und die als Stadtführer gemachten Erfahrungen fließen in dieses Buch ein, das man uneingeschränkt empfehlen kann. Es ist aktuell, informativ und übersichtlich gestaltet. Gelegentlich stören mich Bildunterschriften wie „coole Locations“, aber andererseits freut es mich, dass der Autor die Regeln des acordo ortográfico beachtet, also elétrico statt eléctrico schreibt und auch das Geschlecht der portugiesischen Substantive respektiert (also die Praça statt – wie so häufig zu lesen – der Praça). Ansonsten geht das Werk mit der Zeit. Man kann per E-Mail dem Verlag oder dem Autor zusätzliche Tipps oder Korrekturen übermitteln und für die Besitzer von Smartphone, Tablet oder E-Reader gibt es einen kostenlosen Download. Reicht das Geld nicht für einen Flug nach Lissabon, empfehlen wir das liebevoll gestaltete Büchlein Mit der TRAM durch LISSABON Es ist ein informatives Vademekum für die Fans der Lissabonner Straßenbahnen und Aufzüge ( elevadores ) mit sehr stimmungsvollen Fotos von André Poling und lebendig und informativ geschriebenen Begleittexten von Sabine Weiß . Wen es allerdings noch weiter als Lissabon in eine lusophone Ferne zieht, kann sich von Joachim Frank anregen lassen. In seinem Buch Kapverden. Afrikanische Perlen im Atlantik berichtet der in der Nähe von Hamburg lebende Autor in sehr lebendiger Art von seinen Wanderungen auf dem Archipel im Atlantik. Praktische Hinweise und Informationen, dazu Literaturempfehlungen geben dem Kapverde-Reisenden das nötige Rüstzeug.

 

So klein und bescheiden diese Geschenkliste angefangen hat, so prachtvoll und üppig endet sie, nämlich mit dem bei Kunstmann erschienenen Band Die Portugiesische Küche/A cozinha portuguesa . Text und Illustrationen sind von Alexandra Klobouk , bei der Recherche und den Rezepten hat ihr Rita Cortes Valente de Oliveira geholfen. Herausgekommen ist ein Band, der nicht nur die Hobby-Köche begeistern dürfte. Die aufwendige Aufmachung mit ihren originellen Illustrationen, den liebevoll gestalteten Texten und Rezepten, den wunderschönen Fotos rechtfertigen den Preis von knapp 30 Euro allemal. Und vielleicht haben Sie ja Glück und der/die Beschenkte belohnt sie, indem er eins der wunderbar präsentierten portugiesischen Gerichte für Sie kocht.

 

 

 

Zum Schluss noch ein Geheimtipp für die Leser, die des Portugiesischen mächtig sind. Unser Mitglied Salomé Andrade Pohl hat mit ihrer Theatertruppe Teatro Luso schon gezeigt, dass sie eine exzellente Regisseurin ist, und zudem mit dem für die Truppe geschriebenen Stück Em casa dos Silva schriftstellerisches Talent bewiesen, insbesondere im komisch-satirischen Fach. Im Juli dieses Jahres hat sie nun ein Buch herausgebracht, in dem sie dieser satirischen Ader freien Lauf lassen kann. Es heißt unheilverkündend Hecatombe und ist eine herrliche Satire auf krampfhafte Versuche, der wirtschaftlichen Krise in Portugal durch Innovation zu begegnen, in diesem Fall durch die Entwicklung eines Saftes, der Seiva da Crise (in fünf verschieden Geschmacksrichtungen!), hergestellt von der FijeLab mit Sitz in dem fiktiven Ort Fijecas de Baixo. Man wünscht der köstlichen Satire, bald ins Deutsche übertragen zu werden. Wer das Original lesen möchte, kann es bei der Autorin zum Preis von 12 Euro erwerben.

Rioletta Sabo, Reclams Städteführer Lisabon. Reclam 2013. € 8,80

Winfried Kreutzer, Geschichte Portugals. Reclam 2013. € 7,60

Walther L. Bernecker, Klaus Herbers, Geschichte Portugals. Kohlhammer, Stuttgart 2013. € 36,90

Paulo Scott, Unwirkliche Bewohner Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Marianne Gareis. Wagenbach, Berlin 2013. € 19,90

Gonçalo M. Tavares, Joseph Walsers Maschine. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014. € 19,99

Jürgen Strohmaier, Lissabon Dumont, Ostfildern 2014. 5. vollständig überarbeitete Auflage. €16,99

André Poling & Sabine Weiß, Mit der TRAM durch LISSABON. transpress Verlag, Stuttgart 2014. € 14,95

Joachim Frank, Kapverden. Afrikanische Perlen im Atlantik. Wiesenburg Verlag, Schweinfurt 2013. € 17,80

Alexandra Klobout, Rita Cortes Valente de Oliveira, Die Portugiesische Küche/A cozinha portuguesa Verlag Antje Kunstmann, München 2014. € 29,95

Salomé Andrade Pohl, Hecatombe Eigenverlag 2014. € 12,00