Buchtip des Monats März 2014

Von Peter Koj

Übersetzen tut not – Traduzir é preciso

Navegar é preciso – so lautet die portugiesische Version von „Navigare necesse est“ des römischen Feldherrn Pompeius. Und so auch der Titel unserer letzten Portugal-Post , in der es vor allem um maritime Themen geht. Doch um zu all den von den Portugiesen im 15. und 16. Jahrhundert „entdeckten“ Territorien nicht nur zu gelangen, sondern dort auch Fuß zu fassen, bedurfte es nicht nur seemännischer Tüchtigkeit, sondern auch einer Reihe von Dolmetschern, die durch ihre Übersetzungskünste die ersten Brücken schlugen. Sie wurden o língua genannt, abgeleitet von a língua die Zunge/Sprache) – ähnlich wie o guitarra (der Gitarrist) nach dem Instrument/Medium bezeichnet wird, dessen er sich bedient.

Über die Bedeutung dieser „Zungenfertigen“ für die erobernden Seefahrernationen der frühen Neuzeit berichtet Thomas Sträter in seinem Artikel über den Roman von Mia Couto O último voo do flamingo. Nachzulesen in dem Sammelband Übersetzen tut not – Traduzir é preciso , den der in Heidelberg tätige Romanist zusammen mit Tinka Reichmann herausgegeben hat. Dieser in der edition tranvía des Berliner Verlags Walter Frey erschienene Band versammelt Vorträge, die auf dem 9. Deutschen Lusitanistentag in Wien 2011 zum Thema Übersetzen und Dolmetschen gehalten wurden. Die meisten Autoren sind als Wissenschaftler an den Instituten für Übersetzungswissenschaft der Universitäten Heidelberg und São Paulo tätig, die seit 2010 eng zusammenarbeiten.

Mögen auch einige der Artikel aufgrund ihres stark theoretischen Charakters für den Laien schwer zugänglich sein, so bieten andere wiederum demjenigen, der sich jemals auch nur annähernd mit dem Thema beschäftigt hat, interessante Einsichten und Anregungen. So untersucht Tito Romão die unterschiedliche Verwendung der Tierwelt im deutschen und brasilianischen Sprachgebrauch, Tinka Reichmann präsentiert einen informativen Abgleich zwischen Brasilien und Deutschland was ihre Gerichtsbezeichnungen angeht, den die Juristen unter uns besonders interessieren dürfte und Johanna Klute bricht in ihrem Aufsatz über die Übersetzung brasilianischer Kinderliteratur ins Deutsche der sog. karnevalistischen Übersetzung eine Lanze, d. h. einer Übersetzung, die sich weitgehend vom Originaltext löst, um sie der Lebenswelt der Leser näher zu bringen.

Allen Beiträgen ist jedoch die paradoxe Grundeinsicht gemein: „Gerade weil eine Übersetzung zwischen Kulturen und Sprachen letztlich unmöglich ist, ist sie notwendig“, denn, wie uns die Übersetzerinnen in unseren Reihen sicher bestätigen werden: „Übersetzen ist die Aufgabe des schreibenden Sisyphos. Eine Aufgabe im doppelten Sinn des Wortes … Eine stete Verpflichtung im Angesicht des Erkennens des potentiellen Scheiterns.“ (S.8)

  Tinka Reichmann / Thomas Sträter (Hg.) Übersetzen tut not – Traduzir é preciso. Edition tranvía. Verlag Walter Frey . Berlin 2013 Preis € 28,-