Von Lissabon nach Santiago de Compostela
Tagebucheintrag 31. Mai 2007
Laut Angabe sollen es nur 15 Km von Condeixa nach Coimbra sein. Die ersten zwei Stunden läuft alles wunderbar. Es ist Frühstückzeit. Ich fange an, Ausschau nach einem netten Café zu halten. Bis Coimbra möchte ich nicht warten. Laufe aber lieber weiter, wenn es nicht ansprechend ist. Mir muss ein Pfeil entgangen sein. Wo welche hätten sein müssen, sind jetzt keine. Ich habe keine andere Wahl, als die alte Hauptsstraße nach Coimbra entlang zu laufen. So viele Autos, so viel Lärm, so viele Abgase und so gefährlich. Ich werde immer müder... Ein blauer Pfeil (zeigt den umgekehrten Weg nach Fátima)! Dann muss auch ein gelber Pfeil da sein! Und ganz richtig! Er zeigt quer über die Strasse. Glücklich, die Strasse verlassen zu können, drehe ich links ab und befinde mich plötzlich in einer ganz anderen Welt: Bäume, Vogelgezwitscher, Ruhe und frische Luft. Zwei ganz verschiedene Welten, so nah aneinander.
Nicht weit davon finde ich ein richtig nettes Café. An der Wand hängt eine Fliese mit den Worten:
"O café deve ser: negro como a noite; quente como o inferno; puro como um anjo; doce como o amor" ("Der Kaffe soll sein: schwarz wie die Nacht; heiß wie die Hölle; rein wie ein Engel; süß wie die Liebe."). Mein Kaffee, den mir die Wirtin einschenkte, war genau so! Schwarz wie die Nacht, heiß wie die Hölle und rein wie ein Engel! Nur süß war er nicht (hi, hi, hi... ich brauche keinen Zucker!).
Bin in Coimbra! Seit vielen Jahren habe ich die Stadt der ältesten Universität Portugals, der Elitestudenten und der berühmten Fadistas besuchen wollen. Mein Lieblingsfado (Coimbra tem mais encanto na hora da despedida) besingt diese Stadt. Meine romantischen Vorstellungen sind nicht enttäuscht worden. Als ich den Fluss überquert habe und vor der Fußgängerzone stehe, sehe ich vor mir: "Banco de Portugal". Ich gehe rein und tue etwas, was ich schon lange machen wollte: jetzt ist die Gelegenheit, endlich meine 5000 Escudos umzutauschen (die habe ich zufällig dabei)! Noch ist es nicht zu spät. Dafür bekomme ich genau 24, 96 Euro.
Als nächstes gehe ich in ein Touristenbüro, um mir eine Stadtkarte zu besorgen und um zu fragen, wo es Internetzugang gibt. Ein wahres Unterfangen, nach Netz-Möglichkeiten zu suchen! Habe dabei aber viel von der Stadt gesehen. Man sieht sehr viele Studenten. Obwohl sie wohl kaum anders sind als in anderen Städten, fühle ich eine gewisse Erfurcht vor ihnen. Die ganze Stadt erfüllt mich mit Erfurcht. Es riecht nach alter Kultur. Ich liebe die vielen verwinkelten Gassen, die vielen kleinen Durchgänge, die stark verfallenen, aber noch immer bewohnten Häuser, die von früheren "großen Zeiten" zeugen und überhaupt die wunderschöne Lage Coimbras. Beim Abschluss des Semesters fahren die älteren Studenten in Wagen verschiedener Farben. Die Farbe kennzeichnet ihre Ausbildung (ob Medizin, Jura, ...) Die neu eingeschriebenen Studenten, die sogenannten caloiros, müssen zu Fuß laufen, mit einer an ihren Beinen befestigten Kette aus Dosen (die neuen Sklaven).
Morgen muss ich Mealhada erreichen. Es sind 40 Km. Dazwischen soll es keine Übernachtungsmöglichkeiten geben! Unglaublich! Warum kommen Bewohner der Dörfer, wo die Pilger durchlaufen, nicht auf die Idee, z.B. ein Bed and Breakfast zu machen?! Wenn es nicht zu viel Asphalt gibt, sollte es im Prinzip kein Problem sein.
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